2. April 2019
Auch diese Entscheidung geht davon aus, dass der Unterricht von Fahrschulen nicht unter die Steuerbefreiung des § 6 Abs 1 num 11 lit a UstG fällt (Art 132 Abs 1 lit i oder j MWStSysRL 2006/112). Dementsprechend ist auch die Tätigkeit selbständiger Fahrschullehrer nicht umsatzsteuerbefreit.
Nicht auseinandergesetzt hat sich der EuGH mit dem Argument, dass sich ein Teil der Fahrausbildung mit den Zielen des vom ADAC (umsatzsteuerbefreit) angebotenen Fahrsicherheitstrainings deckt und insofern ein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz vorliegt. Allerdings ist hier anzumerken, dass die Steuerbefreiung des ADAC-Trainings nicht auf Art 132 Abs 1 lit i oder j MWStSysRL 2006/112 beruht, sondern auf der Steuerbefreiung (un)entbehrlicher Hilfsbetriebe gemeinnütziger Organisationen. Inwieweit derartige Organisationen in Wettbewerb zu Steuerpflichtigen treten und deshalb die Abgabenbegünstigung nicht gewährt werden hätte dürfen, war aber nicht Gegenstand des dem EuGH vorgelegten Fragenkatalogs.
Anlässlich dieser Entscheidung hält der EuGH fest, dass Seminarleistungen – unabhängig an wen sie erbracht werden – dort steuerbar sind, wo das Seminar tatsächlich abgehalten (dh besucht) wird. Dies ist unabhängig davon, ob die Seminarbesucher Unternehmer oder Nichtunternehmer sind.
Erbring somit ein Seminarveranstalter Seminare im Ausland, sind die Seminargebühren im Ausland zu besteuern. Inwieweit für diese Umsätze der Seminarbesucher die Umsatzsteuer schuldet, hängt von den lokalen reverse-charge Regelungen ab.
„Sommerseminare“, welche an ausländischen Urlaubsorten angeboten werden, führen damit jedenfalls sowohl für Veranstalter als auch Teilnehmer zu durchaus vom Gesetzgeber beabsichtigten erhöhten Verwaltungskosten: Sollte deshalb ein österreichischer Seminarveranstalter ein Seminar in Kroatien anbieten, darf er keinesfalls österreichische Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Gleichzeitig würde eine in Rechnung gestellte österreichische Umsatzsteuer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen.
Die in Österreich vorgenommene Unterscheidung, dass bei Seminaren mit begrenztem Teilnehmerkreis auch Beratungsleistungen vorliegen können, hat sich der EUGH nicht gewidmet.
Explizit weist der EuGH darauf hin, dass Erwägungsgründe eines Unionsaktes rechtlich nicht verbindlich sind, und deshalb auch nicht herangezogen werden können, um eine Bestimmung in einem Sinn auszulegen, der ihrem Wortlaut offensichtlich widerspricht.
Diese Entscheidung des EuGH regelt die Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten für die Beitreibung von Forderungen im Weg der Amtshilfe gem der Richtlinie 2010/24/EU insbesondere auch im Fall insolvenzrechtlicher Anfechtungen.
Kernstück der Richtlinie 2010/24/EU ist die Verpflichtung der einzelnen Mitgliedstaaten (ersuchte Mitgliedstaaten) Steuerforderungen anderer EU-Mitgliedstaaten (ersuchende Mitgliedstaaten) auf deren Ersuchen einzutreiben.
In der vorliegenden Entscheidung stellt der EuGH klar, dass die Eintreibung derartiger Forderungen nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Mitgliedstaates durchzuführen sind und Einwände gegen die Beitreibung der Forderungen gegenüber dem ersuchten Mitgliedsstaat geltend zu machen sind. Dies ist unabhängig davon, dass der ersuchte Mitgliedstaat über die beigetriebenen Forderungen nicht verfügen kann.
Sollte sich im Lauf einer insolvenzrechtlichen Anfechtung nach Betreibung der Forderung herausstellen, dass die strittigen Steuerforderungen überhaupt nicht beigetrieben werden hätten dürfen, muss der ersuchende Mitgliedsstaat den beigetriebenen Beitrag an den ersuchten Mitgliedstaat rücküberweisen.
Erwähnenswert ist anlässlich dieser Entscheidung, dass das finnische Insolvenzrecht keine Privilegierung des Staates hinsichtlich Abgabenschuldigkeiten kennt, sofern diese innerhalb der letzten drei Monate vor Insolvenzeröffnung beglichen wurden und zu einer erheblichen dh überproportionalen Reduktion der Insolvenzmasse geführt haben.
Insolvenzverwalter und Gläubiger sollten deshalb sorgfältig prüfen, welche Steuerschulden vor Insolvenzeröffnung seitens des Schuldners geleistet worden sind. Dies gilt umso mehr, wenn das Insolvenzverfahren nach ausländischem Recht durchgeführt wird.
In dieser Entscheidung kommt der EuGH zum Schluss, dass bei Sale-and-Lease-Back-Verträgen keine Veranlassung besteht anlässlich der zivilrechtlichen Übertragung des Grundstücks an den Leasinggeber eine Vorsteuerkorrektur durch den Leasingnehmer hinsichtlich jener Vorsteuern vorzunehmen.
Der EuGH begründet diese Auffassung insbesondere mit dem Argument, dass das Grundstück, welches Gegenstand der Sale-and-Lease-Back-Vereinbarung war, nach wie vor für steuerpflichtige Ausgangsumsätze des Leasingnehmers verwendet wird. Inwieweit diese auf den funktionalen Zusammenhang zwischen Eingangsumsätzen und Ausgangsumsätzen abzielende Argumentation auch für andere Sachverhalte angewendet werden kann (zB unecht steuerbefreiter Verkauf von Finanzanlagevermögen zur Sicherstellung der Liquidität für steuerpflichtige Umsätze), bleibt abzuwarten.
Nicht geäußert hat sich der EuGH hingegen darüber, welche Leistungsart die Tätigkeit des Leasinggebers im Fall eines Sale-and-Lease-Back-Vertrages darstellt: während in Österreich derartige Tätigkeiten als unecht steuerbefreite Finanzgeschäfte angesehen werden, spricht der EuGH in dieser Entscheidung lediglich davon, dass sowohl die „Lieferung des Grundstücks“ als auch dessen Rückvermietung einen einheitlichen Umsatz darstellen.