1. März 2019
Auch diese Entscheidung geht davon aus, dass die Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs, der in erster Linie mit aus Rebflächen bestehenden Grundstücken besteht, eine einheitliche Leistung in Form einer steuerbefreiten Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks darstellt.
Insbesondere verwirft der EuGH den Einwand der österreichischen Regierung, dass die Vermietung von Reben einen Ausnahmetatbestand von der abzuwendenden Steuerbefreiung erfüllen wie dies für die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen gilt.
Nicht auseinandergesetzt hat sich der EuGH, ob allenfalls für diese Verpachtung ein Sonderregime für Umsätze aus Land- und Forstwirtschaft anzuwenden ist. In Österreich würde die Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs für ein Wirtschaftsjahr jedenfalls nicht unter die Pauschalierung für Land- und Forstwirtschaft fallen.
Mit diesem Judikat nimmt der EuGH Wirtschaftsteilnehmer nicht in die Verpflichtung, bei Inanspruchnahme einer Verbrauchsteuerbefreiung auch effektiv dafür zu sorgen, dass der Zweck der Verbrauchsteuerbefreiung erfüllt wird.
Die EU-Verbrauchsteuerrichtlinie sieht eine Verbrauchsteuerbefreiung für denaturierten Ethylalkohol vor, der nicht für den menschlichen Genuss gedacht ist. Dazu zählen Parfumwaren oder Produkte der Körperhygiene wie zB Mundwässer.
Werden diese Waren von Konsumenten nichtsdestotrotz entgegen dem eigentlichen Bestimmungszweck für den Verzehr erworben, darf die Verbrauchsteuerbefreiung nicht mit dem Argument versagt werden, dass dies dem Hersteller bekannt war, so lange seitens des Mitgliedstaates, in dem die Waren and en Endkonsumenten vertreiben werden, kein Missbrauch behauptet wird.
Diese Grundsätze gelten sowohl für den Produzenten als auch den Einführer derartiger Waren.
Sollte seitens eines Mitgliedstaates Missbrauch festgestellt werden, kann er die Steuerbefreiung versagen. In diesem Fall muss er aber die Kommission verständigen, welche für eine endgültige Entscheidung nach Art 24 der Richtlinie 92/12 EWG sorgt. Diese endgültige Entscheidung muss aber seitens des Mitgliedstaats nicht rückwirkend angewendet werden.
Diese Entscheidung zeigt wie wichtig es auch für ausländische Steuerpflichtige ist, Rechtsmittel gegen ablehnende Entscheide der Steuerverwaltung oder der Steuergerichtsbarkeit einzulegen, um das Recht aus Vorsteuererstattung nicht zu verlieren und Informationsersuchen wenigstens zu beantworten.
Der EuGH vertritt nämlich die Auffassung, dass es zulässig ist die Vorsteuerrückerstattung für einen Zeitraum, über den bereits eine rechtsgültige Entscheidung vorliegt, zu versagen. Dies gilt auch für den Fall, dass die Versagung mit einem Rechnungsmangel begründet wird und dieser Mangel nicht bis zum Ergehen der Entscheidung über den Vorsteuerrückerstattungsantrag geheilt wird. Der Vorsteuerabzug darf aber nicht verunmöglicht werden. Allerdings hat sich in diesem Fall der Steuerpflichtige vorwerfen zu lassen, dass er den Ablehnungsbescheid nicht bekämpft hat und zudem Informationsersuchen der Steuerverwaltung unbeantwortet ließ.
Gleichzeitig dürfte der EuGH seine Ansicht bestätigen, dass Rechnungskorrekturen grundsätzlich ex tunc wirken, da anderenfalls eine seitens des Lieferanten im Jahr 2011 korrigierte Rechnung Teil eines Vorsteuerrückerstattungsantrages für das Jahr 2011 hätte sein müssen. Allerdings betont der EuGH, dass es den Mitgliedstaaten auch erlaubt ist, eine Berichtigung einer unvollständigen Rechnung zuzulassen, nachdem bereits eine rechtskräftige Entscheidung der Steuerbehörde vorliegt.
Für das Verständnis dieser Entscheidung ist es wichtig zu wissen, dass inländische Lieferungen ausländischer Unternehmer in Spanien einem reverse-charge Verfahren unterliegen. Warum nach spanischem Recht eine Rechnung auf die Schweizer Mehrwertsteueridentifikationsnummer eines drittländischen Unternehmers ausgestellt sein muss und nicht auf eine bestehende niederländische UID-Nummer des Unternehmers ausgestellt sein darf, geht aus der Entscheidung des EuGH nicht hervor.
Diese Entscheidung stellt die in Österreich übliche Vorgehensweise auch bei gutgläubigen Handelnden nach Feststellung eines Umsatzsteuerbetrugs im Ausland jedenfalls auch noch österreichische Einfuhrumsatzsteuer in Rechnung zu stellen, auf eine harte Probe.
Gem EuGH hängt die Steuerbefreiung für die Einfuhrumsatzsteuer im Zusammenhang mit einer sich anschließenden innergemeinschaftlichen Lieferung oder einem innergemeinschaftlichen Verbringen nur davon ab, dass angesichts der innergemeinschaftlichen Lieferung oder dem Verbringen kein Steuerbetrug stattgefunden hat. Wird ein Gegenstand nach der Einfuhr in einen anderen Mitgliedsstaat verbracht oder geliefert und dort der Erwerb angemeldet, ist die Steuerbefreiung für die EUSt zu gewähren. Dies ist unabhängig davon, ob die Gegenstände anschließend im Bestimmungsland Teil eines Umsatzsteuerbetrugs waren. Für die Bekämpfung dieses Betrugs ist ausschließlich das Bestimmungsland zuständig.
Im konkreten Fall reduziert diese Entscheidung das umsatzsteuerliche Risiko des Spediteurs im Fall einer indirekten Vertretung, sofern er sorgfältig gehandelt hat. Wichtig ist hierbei vor allem, dass tatsächlich der Auftraggeber des Spediteurs die innergemeinschaftliche Lieferung oder das innergemeinschaftliche Verbringen veranlasst.
Keine Anwendung hat dieses Judikat aber bei schlechtgläubigen Steuerpflichtigen.
In dieser Entscheidung hält der EuGH fest, dass eine von der MwStSysRl 2006/112 abweichende Maßnahme (Art 193) erst dann seitens der Mitgliedstaaten angewendet werden darf, zu dem er dem Mitgliedstaat bekannt gegeben worden ist.
Eine rückwirkende Anwendung ist nur möglich, wenn dies in der Mitteilung an den Mitgliedstaat explizit angeführt ist.
Auch im innerstaatlichen Recht gilt, dass eine Verordnung erst mit ihrer Kundmachung rechtswirksam wird und nicht seitens der Verwaltung rückwirkend angewendet werden darf. Dies gilt auch für den Fall, dass der Inhalt der Verordnung mglw. bereits Bestand von Erlässen war.
Wie bereits die Rechtsziffer der Entscheidung zeigt, erging diese Entscheidung zum Themenbereich des Beihilfenrechts.
Der EuGH bestätigt zunächst, dass auch steuerliche Bestimmungen gegen das Beihilfegebot der EU verstoßen können. Diese müssen aber zumindest das Resultat einer systematischen Rechtsanwendung sein. Dieser kann sich entweder aufgrund einer gesetzlichen Grundlage oder aufgrund allgemein anzuwendender Verordnungen oder Erlässe bestehen.
Fehlen derartige allgemeine Grundsätze können auch individuell eingeholte Vorabentscheidungen (in Österreich „Auskunftsbescheide“) die Basis einer systematischen Rechtsanwendung bilden. Allerdings muss in diesem Fall nachgewiesen werden, dass die Beantwortung der Entscheidungsersuchen inhaltlich nach demselben Verfahren stattfindet und nicht auf individuelle Situationen eingegangen sind.
Im konkreten Fall konnte die EU-Kommission nicht nachweisen, dass die in Belgien eingereichten Vorabentscheidungsersuchen die Kriterien einer systematischen Rechtsanwendung erfüllten.
Auf Österreich umgelegt kann diese Entscheidung aber auch dahingehend gelesen werden, dass veröffentlichte Erlassmeinungen durchaus geeignet sind, die Grundlage einer systematischen Rechtsandwendung zu sein, und somit im Einzelfall eine unerlaubte Beihilfe bewirken.